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Wolken, Wetter, Weltklima

24.09.2024

Mirjana Sakradzija will verstehen, wie kleinräumige Wetterphänomene sich auf globale Prozesse auswirken – und so Vorhersagemodelle zuverlässiger machen.

Mit den Wolken hat es angefangen: „Sie sehen nicht nur schön aus, sondern sind auch äußerst interessant und aufgrund der Größenordnungen und Prozesse, die sie umspannen, sehr schwer zu verstehen“, sagt Mirjana Sakradzija. Seit Oktober 2023 ist sie Professorin für Physische Geographie und Land-Atmosphärenkopplung an der Fakultät für Geowissenschaften der LMU. Man könnte auch sagen: Professionelle Wolkenguckerin. Zumindest spielen die vielgestaltigen Dampfgebilde zwischen Himmel und Erde eine große Rolle in ihrer Forschung.

Das Spannende daran: Wolken sind gewissermaßen ein Bindeglied zwischen kleinen, örtlichen Phänomenen und den ganz großen, weltbewegenden Prozessen – zwischen lokalem Wetter und globalem Klima. Das Skalenspektrum von Wolken reicht also von wenigen Metern bis zu Kilometern, sie organisieren sich in Systemen, die Hunderte von Kilometer umspannen, und ihre Wirkkraft reicht weit darüber hinaus. Komplexe Wolkenfelder bestimmen unsere Wettervorhersagen und Klimasimulationen – von der Entstehung von Gewittern an Land bis hin zur Verstärkung der planetarischen Kreisläufe über den Ozeanen.

Professor Mirjana Sakradzija is standing in the stairwell of the building on Luisenstraße. She is looking at the camera with her left hand half in her trouser pocket.

Professor Mirjana Sakradzija im Gebäude in der Luisenstraße.

© LMU/LC Productions

Wolkengucken für die Wissenschaft

Dies – die Verbindung zwischen Klein und Groß – ist ein Aspekt, der Mirjana Sakradzija besonders fasziniert: „Ich versuche, lokale Wetterprozesse zu verstehen, die dann das regionale Klima formen, welches wiederum die größeren und langfristigen Skalen beeinflusst.“ Zum Beispiel will sie verstehen, wie Konvektionswolken (die typischen Schönwetterwolken an warmen Sommertagen) den Wärme- und Feuchtigkeitsaustausch zwischen Land und Atmosphäre und somit großräumige Phänomene, wie Konvektionsstürme und die Entstehung von Hitzewellen, beeinflussen.

Seit Jahrzehnten bereiten Wolken Klima- und Atmosphäre-Experten nämlich Kopfzerbrechen. „Wir haben es hier mit extrem unvorhersehbaren Prozessen zu tun“, erklärt die Atmosphäre-Forscherin. „Die sehr kleinräumigen Wechselwirkungen zwischen Land und Atmosphäre sind für gängige Wetter- und Klimamodelle praktisch unsichtbar.“ Das führe zu Verzerrungen. „Wir forschen also daran, diese Abläufe in numerischen Modellen besser abzubilden und so die Vorhersagen zuverlässiger zu machen.“ Niedrige Kumuluswolken sind bei Klimaprojektionen eine der größten Unsicherheitsquellen und stehen deshalb im Mittelpunkt der Forschung, weil diese Wissenslücke große Unsicherheiten sowohl für das Wetter als auch für das Klima mit sich bringt. Mit ihrer Arbeit will Mirjana Sakradzija diese Lücke schließen.

Steht die Zukunft in den Wolken?

„Ich erinnere mich an die Begeisterung während meiner Doktorarbeit, als ich endlich begriff, warum die statistischen Daten so aussahen, wie sie aussahen.“ Dadurch konnte sie erklären, warum sich die Verteilung der Wolkengrößen manchmal ändert und was diese Änderung bewirkt. „Als ich in der Lage war, dieses physikalische Verständnis mit Messergebnissen zu verbinden – das war unglaublich!“ Sakradzija studierte Physik und Meteorologie in Novi Sad, Serbien. Für die Promotion zog es sie nach Hamburg an das Max-Planck-Institut für Meteorologie – auch dort ging es bereits um Wolken in numerischen Wetter- und Klimamodellen. „Nach meiner Postdoc-Zeit wechselte ich dann zum Deutschen Wetterdienst nach Offenbach, wo ich die Arbeitsgruppe Grenzschichtmeteorologie leitete, die an der Goethe-Universität in Frankfurt angesiedelt ist.“

Seit vergangenem Jahr ist sie nun an der LMU. Allerdings nicht am Department für Physik, sondern im Bereich Geographie. „Trotzdem arbeite ich eng mit den Kollegen aus dem Fachbereich Meteorologie zusammen. Nicht erst, seit ich an der LMU bin, sondern schon seit ich 2011 nach Deutschland kam.“ Professor George Craig vom Meteorologischen Institut der LMU habe sie damals sogar zu ihrer Doktorarbeit inspiriert.

Die enge Verzahnung verschiedener Fachbereiche ist einer der großen Vorteile, die Mirjana Sakradzija bei der Forschung an der LMU sieht. „Die starke Verbindung zu den Sozialwissenschaften wäre in einem anderen Umfeld wahrscheinlich nicht möglich.“ Sie meint damit vor allem die Tatsache, dass in der Geographie sowohl naturwissenschaftliche als auch gesellschaftliche Aspekte Teil des Forschungsspektrums sind und zusammenkommen.

Am Department für Geographie bekomme sie außerdem die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse direkt zu nutzen, um die Gesellschaft davon profitieren zu lassen. „Die Forschung zum Thema Carbon Dioxide Removal hat sehr viel mit den Wechselwirkungen zwischen Land und Atmosphäre zu tun.“ Der Plan ist, mehr Forschung darüber zu betreiben, welches die tatsächlichen Auswirkungen von Veränderungen in der Landnutzung auf die Wolken und das Klima sind, aber auch, wie wir von einer besseren Landbewirtschaftung profitieren können, um den Klimawandel abzuschwächen und uns an ihn anzupassen.

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